Die Kematner Brücke - ein kurzer geschichtlicher Auszug

(Quelle: Anton Mitmannsgruber „Rund um die Brücke zu Kematen“) 

Soweit dies durch entsprechende Funde belegt ist, bildete die Gegend entlang der Ybbs - und so auch der Bereich Kematen - bereits in frühester Zeit einen sehr schütter besiedelten Lebensraum menschlicher Zivilisation. Eine ganz neue Entwicklung nahm das Leben jener vorgeschichtlichen Zeit, als auch bei uns Bronze, jene Legierung aus Kupfer und Zinn, die sich ungleich vielfältiger und besser bearbeiten und verwerten ließ als der Stein, bekannt wurde. 

Um rund 1800 v. Chr. hält die Bronzezeit in unserer Gegend ihren Einzug und entwickelt sich in den nachfolgenden Jahrhunderten ein gewisser Fernhandel, der nicht nur das begehrte Zinn oder die Bronze zu uns in die Voralpen brachte, sondern auch viele fremde Kultureinflüsse. Mit der Ausdehnung des römischen Weltreiches nach Norden um ca. 15 v. Chr. gelangte das Gebiet südlich der Donau unter römische Herrschaft und war Teil der später als Noricum bezeichneten Provinz.

Zur Sicherung der Reichsgrenzen an der Donau wurden von den Römern verschiedene militärische Lager und zivile Siedlungen errichtet, die untereinander durch ein gutes Straßensystem verbunden waren. Die römischen Straßen waren genau ausgemessen und alle 1.000 Doppelschritte (das sind 1.486 Meter) mit einem Meilenstein versehen, der die Entfernung zur nächsten Stadt aufzeigte. 
Vom kleinen Kastell Mauer-Öhling führte schon damals eine Straße bzw. ein Karrenweg in das Ybbstal und weiter zum steirischen Erzberg. Diese Straße führte immer in nächster Nähe zur Ybbs über die Heide entlang des Waldrandes bis nach Kematen, wo sie dann gezwungen war auf das rechtsseitige Flussufer überzusetzen, um auf der Talebene Richtung Waidhofen und Steyr weiterzuführen. Dazu wurde eine entsprechende Furt angelegt, die später möglicherweise sogar durch eine kleine Holzbrücke ersetzt wurde. Fast zur gleichen Zeit wie der Ortsname Kematen (1305) erscheint auch die erste urkundlich überlieferte Nennung der Brücke zu Kematen. 

1324 geht aus einer Beschreibung der Grenzen und Gerechtigkeiten der passauischen Herrschaft Gleiß, - die um 1185 durch Schenkung von dem letzten Grafen von Seeburg (in Thüringen) und Erzbischof von Magdeburg namens Wichmann an das Hochstift Passau gekommen war - hervor, dass die zu Gleiß gehörende Fischereigerechtigkeit auf der Ybbs bis zur Brücke bei „Chemnaten“ reiche. Ort und Brücke kommen dann erst wieder im Jahre 1413 in einer Rechtsaufzeichnung der Herrschaft Seisenegg vor. Bei der Grenzbeschreibung der nun dorthin gehörenden Herrschaft Gleiß heißt es wörtlich, dass die Grenze der Herrschaft Gleiß zu „Khemmaten auf der pruckhen“ beginne und dann weiter die Ybbs aufwärts laufe.

Die nachfolgende Zeitspanne herauf bis ins Jahr 1866 ist von der wechselvollen Geschichte unseres Landes und unserer näheren Umgebung gekennzeichnet und unterstreicht - unter anderem in den Machtkämpfen zwischen den einzelnen mittelalterlichen Grundherrschaften, in den wirtschaftspolitischen Streitigkeiten zwischen der Stadt Waidhofen/Ybbs und Steyr, in den Türkenfeldzügen (1526, 1532 und 1681) oder im Krieg gegen Napoleons Truppen (1803) - die zunehmende Bedeutung der bestehenden Straßenverbindung und damit auch der Brücke. Diese ständig steigende Bedeutung der Brücke und der durch das ab der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts angebrochene industrielle Zeitalter permanent zunehmende Güterverkehr führten bei den Verantwortlichen zur Erkenntnis, dass die bis dahin bestehende Holzbrücke den Anforderungen nicht mehr gewachsen war. So wurde die alte Holzbrücke daher zum Abbruch bestimmt. Ihre jahrhundertealte Aufgabe sollte eine neue, mächtige Steinbrücke übernehmen, die in formschönen Bögen die beiden Ufer verbindet und eine Straßenführung auf gleicher Ebene mit der Talfläche ermöglicht. 

Damit sollte auch ein wesentliches Hindernis (Vorspann!) für den Verkehr wegfallen. Aus Landesmitteln in nur 7 Monaten Bauzeit - von den Waidhofner Baumeistern Brantner, Skala und Kronkogler - erbaut, wurde die neue Brücke zu Kematen am 8. Dezember 1866 im Beisein des Landesmarschalls von Österreich unter der Enns, Josef Fürst Colloredo-Mansfeld - und nach Weihe durch den Abt von Seitenstetten - feierlich dem Verkehr übergeben. Neben den verkehrsbedingten Belastungen der Folgejahre hatte die Kematner Brücke in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen Bürgerkrieg und zwei Weltkriege zu überwinden, die glücklicherweise keinerlei schwerwiegende bauliche Schäden verursachten. 
Zwischen den Jahren 1950 bis 1960 wurde die Kematner Brücke generalsaniert und dem Verkehrserfordernis entsprechend auf ihr heutiges Erscheinungsbild verbreitert. Gegenwärtig wird die Kematner Brücke von rund 12.000 Fahrzeugen pro Tag frequentiert. Die Bezogenheit der Kematner Bevölkerung zu der mittlerweile rund 140 Jahre alten Brücke ist aufgrund ihrer zentralen Verkehrsfunktion nach wie vor sehr stark, was nicht zuletzt durch die stilisierte Darstellung einer Brücke im Gemeinde-wappen nachhaltig zum Ausdruck gebracht wird.

Dieses imposante Bauwerk war in der Vergangenheit und ist in der Gegenwart immer wieder ein beliebtes Motiv für Maler und Fotografen aus verschiedenen Epochen wie die Brückenbilder auf der rechten Seite eindrucksvoll beweisen.

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Die alte Holzbrücke
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Die Errichtung der "neuen" Brücke
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Die Brücke um 1930
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Die Brücke um 1960
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Die Brücke um 1950
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Die Brücke heute